Langsam laufen: Fettstoffwechsel einfach erklärt!
Wer schnell Marathon laufen will, muss schnell laufen. Schon, aber nicht immer. Obwohl es sich längst herumgesprochen haben sollte, sind viele Läufer:innen im Training oft zu schnell unterwegs. Die Basis des Erfolgs auf langen Strecken sind langsame, ruhige Dauerläufe im „Fettstoffwechsel“-Tempo.
Warum es sich lohnt, langsamer zu laufen
Autorin: Dr. Victoria Langeder (Medical Center Hoch-Form)
Fettstoffwechsel einfach erklärt
Der Fettstoffwechsel wird am besten bei ruhigen Dauerläufen mit niedriger Intensität trainiert.
Laufanfänger:innen und Profiläufer:innen profitieren davon, den Fettstoffwechsel zu trainieren. Was ist der Fettstoffwechsel überhaupt und warum ist er gerade für Läufer:innen so interessant?
Ausflug in die Physiologie
Unser Körper nützt zwei Systeme für die Energiebereitstellung während einer Ausdauerbelastung: den Fett und Kohlenhydratstoffwechsel. Die Aussage, dass sich der Fettstoffwechsel erst nach 20–30 Minuten aktiviert, hat sich als Mythos entpuppt. Mittlerweile wissen wir, dass beide Systeme Hand in Hand gehen und sich der Fettstoffwechsel trainieren lässt.
Beim Fettstoffwechsel wird Energie durch den Abbau von Fettsäuren unter gleichzeitiger Zufuhr von Sauerstoff bereitgestellt. Da die Sauerstoffzufuhr über die Atmung erfolgt, ist er auch als aerober (= sauerstoffabhängiger) Energiestoffwechsel bekannt. Der Fettstoffwechsel ist bei fast allen alltäglichen Tätigkeiten aktiv, aber erst bei lang andauernder niedriger Belastung spricht man vom Fettstoffwechsel-Training. Die körpereigenen Fettreserven sind so umfangreich, dass unser Körper im Notfall ohne Nahrungsaufnahme mehrere Wochen überleben könnte. Daher sind sie auch während einer längeren Ausdauerbelastung ein stabiler Energielieferant.
Beim Kohlenhydratstoffwechsel passiert folgendes: Kohlenhydrate werden im Körper zu einem Drittel in der Leber und zu zwei Drittel in der Muskulatur als Glykogen gespeichert. Wenn die Belastung anstrengender wird und der Körper nicht mehr ausreichend Sauerstoff durch die Atmung aufnehmen kann, erfolgt die Energiebereitstellung durch Verbrennung von Glykogen. Dies bezeichnet man auch als anaeroben (= „ohne Sauerstoff“) Stoffwechselprozess.
Bei Ausdauerbelastungen mit hoher Intensität reichen die Glykogen-Speicher in der Muskulatur für ca. 90 Minuten. Das heißt für kürzere Sprints oder 10kmLäufe kommt der Körper mit dem vorhandenen Kohlenhydratspeicher gut über die Runden. Aber für längere Distanzen wie Halbmarathon, Marathon oder Ultra-Laufdistanzen benötigt man einen gut trainierten Fettstoffwechsel, um die Kohlenhydratspeicher so lange wie möglich zu schonen.
Zur besseren Veranschaulichung der beiden Stoffwechselvorgänge zeigt die Grafik ober halb die Messergebnisse eines Stufentests auf dem Fahrradergometer mittels Spiroergometrie:
Zu Beginn des Stufentests ist fast nur der Fettstoffwechsel aktiv, aber mit zunehmender Belastung wird der Kohlenhydratstoffwechsel aktiviert. Wenn die Belastung zu intensiv wird, schaltet sich der Fettstoffwechsel komplett ab und man ist im sogenannten anaeroben Trainingsbereich.
Durch regelmäßiges Fettstoffwechsel-Trai ning wird die Blutbildung gefördert und die Anzahl der Mitochondrien (= Energiekraft werke in den Muskelzellen) steigt. Je besser der Fettstoffwechsel trainiert ist, umso weniger Kohlenhydrate benötigt der Körper während der Belastung.
Ein weiterer Vorteil des Fettstoffwechsel Trainings ist, dass niedrigintensive Trainingseinheiten eine kürzere Regenerationszeit erfordern und somit öfters wiederholt werden können. Läufer:innen sollten daher im Grundlagenbereich trainieren und vor allem Laufanfänger:innen vermeiden da durch auch Überlastungsschäden.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die eigene Fettstoffwechsel-Trainingszone zu ermitteln. Die einfachste und günstigste Variante ist der „Talk Test“. Solange es möglich ist, während des Laufens ganze Sätze zu bilden und sich zu unterhalten, ist man im richtigen Bereich. Für eine genauere Auswertung eignet sich eine Leistungsdiagnostik mittels Laktat und/oder Spiroergometrie.